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"Wir haben unser Unternehmen auf den Brexit eingestellt"

Dieses Gebäudeensemble in der Grafschaft Essex verwirklichte Baufritz. Das Holzbauunternehmen der Zimmerer-Innung Memmingen/Mindelheim hat einen Tochtersitz in Cambridge und wird diesen auch nach dem vollständigen Brexit aufrechterhalten.

Vor vier Jahren – im Juni 2016 – haben die Briten dafür gestimmt, aus der EU auszutreten. Diese Entscheidung betrifft auch das Holzbauunternehmen Baufritz aus Erkheim. Deren Tochtergesellschaft sitzt seit rund 15 Jahren in Cambridge.

Im Interview erklärt dessen Geschäftsführer Oliver Rehm, wie er mit dem Brexit umgeht und die Chancen für ein Freihandelsabkommen beurteilt.

Herr Rehm, inwiefern wirken sich die Brexit-Verhandlungen auf Ihren Betrieb aus?
Oliver Rehm: Britische Kunden kaufen unsere Produkte vor allem wegen des Qualitätsmerkmals ,Made in Germany', das für hohe handwerkliche Ausführungs- und Bauqualität, Zuverlässigkeit und Innovation steht.

Dieses Merkmal wird auch nach vollständigem Vollzug des Brexits weiterbestehen und unser Marktpotenzial in Großbritannien nicht schmälern, da die dortige Hausbauindustrie keine vergleichbaren Produkte, wie unsere maßgeschneiderten Häuser, anbieten kann.

Gibt es trotzdem einen Wermutstropfen?
Der Brexit hat zu einem starken Wertverlust des Pfundes geführt, wodurch Güter und Produkte aus der Eurozone seit 2016 rund 20 Prozent teurer geworden sind. Dies kann ein Faktor sein, der potenzielle Kunden ausschließt und den wir nicht beeinflussen können.

Aber Sie werden den Tochtersitz auch nach dem Brexit aufrechterhalten oder?
Großbritannien ist ein sehr interessanter Markt für uns und wird es auch nach dem Brexit bleiben. In neuen wie auch etablierten Märkten ergeben sich immer wieder Möglichkeiten, Produkte und Dienstleistungen weiterzuentwickeln.

Von daher bauen wir gerade unseren Firmensitz weiter aus. In einer fast 125-jährigen Firmengeschichte gibt es immer wieder leichtere und schwierigere Zeiten, die wir allesamt überstanden haben.

Derzeit diskutieren die EU und Großbritannien über ein Freihandelsabkommen mit Großbritannien. Allerdings beurteilt Premierminister Boris Johnson die Vorgaben der EU als zu strikt. Welche Chancen sehen Sie in einem Freihandelsabkommen?
Ich bin schon seit über 20 Jahren in Großbritannien tätig und weiß wie geschickt Briten verhandeln können. Meiner Meinung nach wird bis zur letzten Minute gezockt, bis es zu einem "Last-minute Rahmenvertrag" kommen wird, den Boris Johnson als errungenen Erfolg darstellen wird.

Wie sehen die Briten die Verhandlungen?
Trotz Brexit sind sie Europa sehr verbunden und ein Großteil für eine enge Anbindung, gerade in wirtschaftlicher Hinsicht. Das wird die Politik nicht ignorieren können.

Und wie würde sich ein harter Brexit auf Ihr Unternehmen auswirken?
Wir haben unser Unternehmen so ausgerichtet, das im schlimmsten Fall nur noch Bauteil-Lieferungen aus Deutschland erfolgen würden und alle Montage- und Ausbauarbeiten von unserer britischen Tochterfirma mit örtlichen Partnern ausgeführt werden würden.

Wie wirken sich die zukünftigen Zollbeschränkungen aus?
Die Zollangelegenheiten und möglichen Tarife bedeuten natürlich einen gewissen Mehraufwand und -kosten, aber unsere langjährige Tätigkeit in der Schweiz hat uns auf diesen möglichen Fall sehr gut vorbereitet.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Einen Fortbestand der sehr guten Beziehungen, die wir in Großbritannien unterhalten. Wir glauben an die Vernunft der Leute, damit wir gemeinsam die Zukunft beschreiten, in der nachhaltiges, umwelt- und artgerechtes Denken immer wichtiger wird.


- Zum Artikel: Bau-Fritz-Haus in Großbritannien ausgezeichnet

Oliver Rehm ist Geschäftsführer der Tochtergesellschaft von Baufritz in Cambridge.

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